Regale gefüllt mit bunten Stoffen und Kisten, lilafarbene Schnittmuster auf den Schreibtischen, im Hintergrund schnurrt eine Nähmaschine. In der Abteilung Kunsthandwerk der Lichtenberger Werkstätten gemeinnützige GmbH (LWB) in Berlin herrscht an diesem Mittwochvormittag reges Treiben. Hier arbeiten etwa 40 Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Behinderungen zusammen. Je nach Interesse nähen, filzen oder arbeiten sie mit Papier und Schmuck. Über einem der Schreibtische klebt ein Poster mit dem Logo der Nationalen Spiele 2022 - und das nicht ohne Grund. In den vergangenen Wochen stellten die Beschäftigten Taschen verschiedener Formen und Größen her. Dafür verwendeten sie die Banner, Bauzaun- und Tischverkleidungen der Nationalen Spiele 2022. Aus Alt mach Neu – Upcycling heißt das. Die Stücke sind nicht nur nachhaltig, sondern jedes für sich einzigartig. Manche lila, andere blau, auf manchen steht vielleicht ein weißes „Special“ auf anderen die Anfangsbuchstaben von Berlin.
Zum Hintergrund des Projekts
Etwa 1000m Banner, 500m Meter Bauzaunstoff und über 30 bedruckte Bühnen- und Fotohintergründe wurden für die Nationalen Spiele 2022 produziert. Sie schmückten die Veranstaltungsstätten in Berlin - seien es die Wände der Schwimmhalle, die Zäune des Beachvolleyball-Feldes oder den Fotohintergrund der Siegerehrung. Doch wohin mit den bedruckten Bannern und Stoffen nach einer solchen Veranstaltung? Tatsächlich kam die Idee, diese Materialien wiederzuverwenden, von den Lichtenberger Werkstätten. Sie sammelten Materialien, erstellten daraus Prototypen und präsentierten diese Special Olympics Deutschland. Wir freuen uns, dass daraus eine so tolle Zusammenarbeit entstanden ist und ihr die Taschen nun im Special Olympics Shop finden könnt.
Der Bauzaunstoff schmückte zum Beispiel die Tennisplätze während der Nationalen Spiele 2022.
Alte Materialien wiederverwenden
Während unseres Besuchs in der Werkstatt wird uns schnell klar, Sarah Bruckmann, Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung der Abteilung Kunsthandwerk, und die Mitarbeitenden haben bereits Erfahrung im Bereich Upcycling.
„Tatsächlich arbeitet die Abteilung Kunsthandwerk der LWB schon sehr lange mit unkonventionellen Materialien. Z.B. Taschen und Buchhüllen aus alten Jeans, handgeschöpfte Gruß-Karten aus Papierresten und Schmuck aus alten Stadtplänen“, erzählt Sarah.
Alte Materialien wiederzuverwenden kann aber auch anspruchsvoll sein, wenn sie z. B. durch Witterung abgenutzt oder sehr robust sind. Eine Herausforderung stellte z. B. die dicke Bannerplane dar. „Das Umstülpen nach dem Nähen war bei dem robusten Stoff ziemlich schwer. Einfacher war das Nähen und Umstülpen mit dem Mesh- und Fleecestoff.", so Sarah. Die beiden Stoffe wurden z. B. für die Strandtasche oder die kleinen Mäppchen verwendet.
Eine Tasche „upzucyceln“ bedeutet Teamwork
Sarah gibt uns einen Einblick in die Arbeit des Teams. Für eine Tasche braucht das Team etwa einen halben Arbeitstag – echte Hand- und Fleißarbeit. Damit alle teilhaben können, wird die Produktion in viele kleine Arbeitsschritte unterteilt. Die Beschäftigten können sich je nach Fähigkeit und Interesse für eine Aufgabe entscheiden. Z. B. wird für den Verschluss der Strandtaschen zuerst ein Klettverschluss anhand einer Schablone abgemessen, dann ausgeschnitten. Der ausgeschnittene Klettstreifen wird mit doppelseitigem Klebeband auf der Tasche befestigt, damit er beim Nähen nicht verrutscht und zum Schluss angenäht. Die Beschäftigten können zwischen den einzelnen Aufgaben wechseln, manche spezialisieren sich auch auf eine. So zum Beispiel Michael. Er arbeitet seit 2020 in der Abteilung Kunsthandwerk und sitzt hauptsächlich hinter der Nähmaschine.
„Spaß macht mir das Nähen, das ist abwechslungsreich. Und es ist interessant auch mal solches Material wie z. B. die Bannerplanen zu benutzen. Und dass wir diesen Auftrag mit Special Olympics haben, freut mich umso mehr“, so Michael.
Eindrücke aus der Abteilung Kunsthandwerk der Lichtenberger Werkstätten. Fotos: Gülce Kayikci
Freiwillig begleitende Angebote
Während wir mit Sarah und den Beschäftigten sprechen, spüren wir eines ganz besonders: die Harmonie und Offenheit des ganzen Teams. Und das, obwohl unser Besuch den routinierten Arbeitsalltag etwas aufwirbelt. Sarah erzählt von den regelmäßigen Aktivitäten der Gruppe, wie z. B. gemeinsame Mahlzeiten und Ausflüge. Sarah erklärt:
„Die Werkstatt hat sich dazu verpflichtet, begleitende Angebote anzubieten, die die Persönlichkeitsentwicklung und Gesundheit der Beschäftigten fördern."
Neben kreativen Angeboten (z. B. Zeichnen) oder Kursen in Mathe, Deutsch und Englisch gibt es viele sportliche Angebote. Diese sind freiwillig und finden entweder während oder nach der Arbeitszeit statt. Nadine, eine der Beschäftigten, geht regelmäßig Boccia spielen. Einige von ihnen sind Special Olympics Athlet*innen. Stolz erzählt uns Michael von den World Summer Games 1991 in Minneapolis und St. Paul (Minnesota). Dort hat er im Leichtathletik Gold gewonnen.
„Das Wort Sport wird bei uns groß geschrieben. Vom Sport-Beauftragten unter den Beschäftigten bis zu der Teilnahme an den Special Olympics, über die begleitenden Angebote die auch olympische Disziplinen sind“, so Sarah.
Unser Besuch neigt sich dem Ende und wir freuen uns über die tollen Einblicke in die Arbeit der Werkstatt. Vielen Dank Sarah und dem Team Kunsthandwerk für eure Kreativität und euren Fleiß!
Die upgecycelten Taschen gibt's im Special Olympics Shop!
Trage- und Rolltop-Taschen, Beutel, Mäppchen und sogar Wimpelketten – die Produkte der Upcycling-Kollektion sind bunt, abwechslungsreich und einzigartig. Sie sind handgefertigt aus unterschiedlichen Materialien der Nationalen Spiele 2022. Ihr findet sie ab jetzt im Special Olympics Shop.
